Wirklich Jugendkriminalität?
Beispiel 1: Betrachten wir einen Jungen, der häufig Marihuana raucht und sich mit Kleinvertrieb im Freundeskreis einen Nebenverdienst verschafft.
Was meinen sie? Ist es strafbar oder unstrafbar?
Das ist strafbar. Denn es wird (nach Erwachsenenstrafrecht) mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Erklärung: Bestraft ist der, „wer Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft“.
Aus sozialpädagogischer oder psychologischer Perspektive ist das Drogenproblem nach den Experten oberflächliches Symptom für tiefer liegende Probleme des Jugendlichen zu betrachten.
Beispiel 2: Nehmen wir einen verbreiteten Fall. Ein 13-Jähriger holt ohne Wissen seiner Eltern das mit einem (alten) Schild versehene, aber nicht (mehr) versicherte Moped des bei der Bundeswehr weilenden Bruders aus dem Schuppen, fährt waghalsig auf dem Radweg, gerät auf den Fußgängerweg und stößt dort mit einer jungen Frau zusammen. Die Frau stürzt, bricht sich den Fußknöchel sehr kompliziert und muss ins Krankenhaus. Die Familie (Mann mit 2 Kindern) muss eine Haushaltshilfe anfordern. Der Bruch verheilt schlecht, so dass ein Dauerschaden zurückbleibt.
Was nun? Kann man der 13-Jährige Junge bestraft werden?
Wäre der Junge 14 Jahre alt gewesen, hätte er strafrechtlich belangt werden können, und zwar normalerweise wegen fahrlässiger Körperverletzung in Verbindung mit Fahren ohne Fahrerlaubnis und Benutzung eines nichtversicherten Kraftfahrzeugs nach dem Pflichtversicherungsgesetz.
So ist er aber noch nicht strafmündig und hat „Glück“, denn ohne sonstige Auffälligkeiten kommt auch eine jugendhilferechtliche Maßnahme nicht in Betracht. Aber das dicke Ende steht jetzt erst noch bevor: Wenn keine Privathaftpflichtversicherung besteht, oder aber wenn eine bestehende Versicherung den Schaden nicht trägt, müssen die Eltern oder der Jugendliche selbst, je nach Rechtslage, ein Leben lang zahlen.
Die Akten sind gefüllt mit solchen Vorgängen. In schlimmen Fällen sind (mindestens) zwei Familien ruiniert: die des Opfers wegen Ausfall der Mutter (Lähmung mit Pflegebedürftigkeit) und die des Täters (finanzielle Belastung bis zur Pfändungsfreigrenze).